CAPELLA SOLLERTIA
erste GESAMT-EINSPIELUNGJOHANN LUDWIG BACH
18 Kantaten in Johann Sebastian Bachs Handschrift Leipzig 1726 Seit drei Jahren ist Johann Sebastian Bach Thomaskantor in Leipzig. Mit einem enormen Arbeitspensum und Schöpfergeist hat Bach in seinen ersten beiden Amtsjahren zwei beinahe vollständige Kantaten-Jahrgänge und die Johannes-Passion geschaffen. Für seinen dritten Kantaten-Jahrgang greift Bach nun zunehmend auf frühere und fremde Werke zurück, die er teilweise bearbeitet. Bachs „erste Wahl“ Herausragend - auch quantitativ - sind in diesem Zusammenhang 18 Kantaten seines Vetters Johann Ludwig Bach, die Johann Sebastian zwischen 02. Februar und 15. September 1726 in Leipzig aufführt. Sie sind gewissermaßen seine „erste Wahl“, als er dazu übergeht, in den sonntäglichen Gottesdiensten an den beiden Leipziger Hauptkirchen nicht mehr nur eigene Kompositionen zu Gehör zu bringen. Johann Ludwig Bach (1677-1731) - nur acht Jahre älter als Johann Sebastian - wirkt zu dieser Zeit als Hofkapellmeister in Meiningen. Der eigenhändigen Abschrift seiner Kantaten durch Johann Sebastian Bach ist es zu verdanken, dass diese Werke überhaupt überliefert sind - sie zeugen von der hohen künstlerischen Wertschätzung Johann Sebastian Bachs für Johann Ludwig. „Die Chöre sind ausnehmend!“ (Carl Philipp Emanuel Bach) Diese Wertschätzung verwundert nicht! Die Kantaten Johann Ludwig Bachs sind von einer bezaubernden Schönheit und trotz (oder gerade wegen) ihrer kurzen Form von einer unerhörten inhaltlichen Intensität, die auch Johann Sebastian Bach unzweifelhaft beeinflusst hat. „Können Tränen meiner Wangen“ aus der Matthäus-Passion weist beispielsweise eine deutlich hörbare Verwandtschaft mit der Alt-Arie „Tau und Tränen“ aus JLB 8 auf. Die Oster-Kantate „Denn du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen“ JLB 21 wurde die längste Zeit als BWV 15 Johann Sebastian Bach selbst zugeschrieben. Wiederentdeckung, Edition und Gesamteinspielung Das Barockensemble capella sollertia rund um seine Gründerin Johanna Soller hat es sich zur Aufgabe gemacht geschrieben, diese 18 Kantaten wieder zu entdecken, zu edieren und aufzunehmen. Bis 2026 soll die Gesamteinspielung aller 18 Kantaten Johann Ludwig Bachs in Johann Sebastian Bachs Abschrift vorliegen, 10 davon als Welt-Ersteinspielung. Dieses Vorhaben ist nicht nur von höchstem Interesse für alle Bach-Liebhaber*innen, sondern schließt auch eine wesentliche Lücke in der Bach-Forschung. Nachlassverwaltung durch Carl Philipp Emanuel Bach Der folgende Brief Carl Philipp Emanuel Bachs liegt dem Kantaten-Konvolut in der Handschrift Johann Sebastian Bachs bei. „18 Kirchen Stüke von dem Herzogl. Meinungschen Capellmeister H(. Joh. Ludewig Bach. Die meisten sind mit 2 Oboi, 2 Violini, Viola, 4 Sing- / Stimmen und Baß. Alle aber mit allen diesen Stimmen, bloß die Oboi ausgenommen. Zu einem sind 3 Trompete u. Pauken; u. noch zu einem 2 Waldhörner. In allen kommen Chöre vor; außerdem ist in allen eine gute Abwechslung von Soli Duetten Recit. u. Arien. Sie sind nicht gar lang. Die Arbeit ist durchaus fleißig u. besonders, ein reiner Satz. Die Chöre sind ausnehmend. Alle 18 Stüke bestehen aus einer sauberen Partitur von meines seel. (.Vaters Hand; alle Stimmen ausgeschrieben, worunter die Violinen doppelt und die Bäße dreyfach, wobey allezeit ein transponirter Orgelbaß, wegen des Cammer Tones, befindlich. Zu 5 Stüken bloß fehlt die Partitur. Jedes Stük enthält wenigstens 12 Bogen; einige sind noch stärker. Es sind ein Hauffen Festtags Stüke, z.E. 3 Oster Stüke darunter. Überhaupt aber sind die Texte biblisch, u. so eingerichtet, daß man sie auf alle Zeiten brauchen kann. Da mir Ew. HochEdelgeb. letzthin auftrug, diese Stüke von meinem seel. Vetter durchzusehen; so habe ich solches gethan u. diesen Bericht davon aufgesetzt. Sie stehen Ihnen wie sie da sind, mit Haut u. Haar für 8 rth. zu Diensten. Ist dieser Preiß freundschaftl., oder nicht? Mich deucht, er ist es, weil er bey weitem noch nicht die Helfte der Copialien beträgt. Ich habe die Ehre Bach“ |